Donnerstag, 22. Dezember 2016

Weiße Weihnacht?

Ich schreib jetzt mal, wie sich Adventszeit so bei 27 Grad anfühlt.
Dieses Jahr sind bei mir kaum weihnachtliche Gefühle aufgetreten, was zwei Gründe hatte:

1. In Laos gibt es kein Weihnachten
Für viele ist das jetzt vielleicht keine Überraschung, schließlich ist nur etwa 1% der Bevölkerung christlich. Allerdings hatte ich erwartet, dass man hier wie in vielen anderen Ländern ein Konsumorientiertes Weihnachten feiert, dass eben nichts mit Religion zu tun hat. Das ist allerdings nicht so.
Ich habe meinen Schülern die Frage gestellt, was Weihnachten ist. Den Begriff kannten zwar alle, aber es gab nur zwei Schüler, denen eine Antwort eingefallen ist. Eine war:"Da gibt es Geschenke" und die andere "Das ist das Neujahr der Ausländer".

Mit Unterrichtsstunden, die auf solchen Bildern aufgebaut haben und einer gemeinsamen Singstunde mit Hits wie 'Rudolph, the red-nosed reindeer', 'Jingle Bells' oder 'We wish you a merry Christmas' habe ich dann versucht, ihnen die nichtreligiösen Aspekte des Weihnachtsfestes näher zu bringen.


2. An meinem Tagesablauf hat sich fast nichts geändert
In Deutschland geht man in der Adventszeit zu Krippenspielproben, singt am Adventskranz und fängt an, sich über die Deutsche Bahn aufzuregen, die natürlich genau dann Probleme kriegt, wenn das Warten in der Kälte so unangenehm ist.
An dieser Stelle großen Dank an meine Eltern und meine Freundin, die mich mit einem Adventskalender überrascht haben. Außerdem gab es zum Glück manchmal "Westpakete" mit Plätzchen oder Material zum Fröbeln.

Ich bin auch seit 3 Monaten bei der "Mekong Polifonia" dabei, und wir haben für ein Weihnachtskonzert geübt.
Trotzdem hatte ich nie dieses Jetzt-ist-bald-Weihnachten-Gefühl, das ich aus Deutschland kenne.
Das liegt wahrscheinlich hauptsächlich daran, dass alle anderen dieses Gefühl nicht haben.
Und wenn man morgens um 6 für seinen ersten Lauf aufstehen muss, weil es ab um 8 zu warm ist, dann hilft das auch nicht.


Sport ist übrigens das, womit ich momentan den Großteil meiner Freizeit verbringe. Ich war sehr stolz auf meine 1:02:30, die ich bei diesem Lauf erreicht habe und freue mich schon auf den nächsten im März!

Heiligabend werde ich hier in der GLAD mit 6 anderen Freiwilligen verbringen. An Weihnachten fahren wir dann gemeinsam nach Koh Tao (Insel in Thailand), um dort Neujahr zu feiern.

Hier kann man sich übrigens meinen ersten Zwischenbericht durchlesen. Davon muss ich alle 3 Monate einen an die .lkj) schicken, um interessierte Außenstehende über meinen Einsatz zu informieren.

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Unterricht

Hier der lang erwartete Eintrag über meine Arbeit.

Ich arbeite im Lao Youth Vocational Training Centre. Seit September unterrichte ich dort meine 'Morning Class'. Das ist eine Klasse mit sehr niedrigem Niveau. Zudem ist das Alter dort stark gemischt (von 17 bis 40). Bis Mitte November konnte ich dennoch sehr gut mit der Klasse arbeiten. Dabei stütze ich mich nicht auf ihr Buch, da sie inzwischen ein höheres Level haben.
Wir beginnen die Stunde meist mit ein paar persönlichen Fragen oder Fragen zum Alltag. Sie haben dann Zeit, um sich Antworten zu überlegen und dann führen wir einen kleinen Dialog. Allerdings benötigen sie hier (und auch bei allen anderen Aufgaben) wirklich viel Zeit. Deswegen schafft man in manchen Stunden (1,5h) nur drei verschiedene Aufgaben/Übungen.
Aber seit einer Weile habe ich das Problem, dass immer wieder neue Schüler in die Klasse kommen. Das ist natürlich einerseits schön, weil wir vorher nie mehr als 10 waren, andererseits ist es aber unglaublich schwer, den Unterricht anzupassen. Denn die neuen Schüler können oft gerade so ihren Namen auf Englisch sagen. Und immer wieder von vorn anfangen kann ich nicht, da die fortgeschritteneren Schüler ja auch Schulgeld bezahlen und meistens in der Überzahl sind.
In dieser Klasse stieß ich auch irgendwann auf das Problem, dass mich meine Schüler baten, wieder frontal zu unterrichten, als ich den Unterricht durch Spiele auflockern wollte. Inzwischen stehen sie dem allerdings offener gegenüber und lassen einiges mit sich 'ausprobieren'. Die meisten Spiele muss ich aber vorher sehr stark an die geringen Englischkenntnisse anpassen. Statt Stadt-Land-Fluss spielen wir Ort (also Stadt, Land, Region,...)-Essen oder Getränk-Verb-Name.

Abends (von 17-18.30) hatte ich zuerst eine Klasse mit 27 Schülern zwischen 12 und 22. Ihr Niveau war nur leicht höher als das der oben beschriebenen Klasse, aber immerhin benutzten sie schon das Buch 'New Interchange Intro', auf dem ich meinen Unterricht aufbauen konnte.
Ich habe von ehemaligen Freiwilligen viel Kritik an dieser Bücherreihe (Intro-1-2-3) gehört, allerdings arbeite ich persönlich gern damit. An einigen Stellen muss man die Bücher zwar durch eigene Übungen ergänzen, um alle Bereiche (besonders Dialog) abzudecken, aber dafür ist der Lehrer ja da.

In dieser Klasse wurde ich dann Ende September abgelöst, da ich die fortgeschrittenste Klasse auf ihre Abschlussprüfung vorbereiten sollte. Das war eine willkommene Abwechslung, da das Level hier deutlich höher war. Ich konnte mit allen Schülern reden, und es haben zum ersten Mal alle meine Anweisungen für die Aufgaben verstanden! Da es nur 12 Schüler in der Klasse gab, konnte ich mir auch zum ersten Mal einige Namen merken. Allerdings konnte ich das gar nicht richtig genießen, da ich sie innerhalb von einem Monat auf ihre Abschlussprüfung vorbereiten musste.
Und wenn ich von der Abschlussprüfung schreibe, bin ich immer noch sauer auf einige Lehrer meiner Schule. Ich sollte mir die Prüfung nämlich selbst ausdenken, was mir ziemlich viel Spaß gemacht hat. Ich habe mich vorher nochmal erkundigt, ob ich alle Bereiche (Hören, Lesen, Grammatik, Schreiben) abdecken soll und wie viel Zeit die Schüler für die Prüfung haben. Die Antwort war ja und zwei Stunden. Also habe ich mit Schweiß und Blut diese Prüfung zusammengestellt.
Am Tag vor der Prüfung habe ich dann erfahren, dass ich meine eigene Klasse nicht beaufsichtigen soll. Das fand ich keine gute Idee, da der Lehrer für die erste Aufgabe diese Texte vorlesen musste. Und ich habe diese Hörübungen mit meiner Klasse intensiv geübt, da sie das vorher nicht kannten. Deswegen wusste ich nicht, ob einer der laotischen Kollegen das schülerfreundlich umsetzen könnte.
Nach einiger Überzeugungsarbeit wurde mir dann doch erlaubt, meine eigene Klasse zu prüfen.
Am nächsten Tag wurde mir dann gesagt, dass ich nach meiner Klasse noch eine andere beaufsichtigen soll, die um 18.30 im gleichen Raum eine Prüfung schreibt. Ich habe diese Aufgabe gern übernommen, bis mir aufgefallen ist, dass meine Klasse doch nur 1,5h für die Prüfung hat, obwohl ich sie für 2h ausgelegt hatte.
Als mir dann die kopierten Prüfungsbögen in die Hand gedrückt wurden, ist mir wirklich der Mund offen stehen geblieben. Denn zwei andere Lehrer hatten noch jeweils ein Aufgabenblatt zu Grammatik und Leseverstehen hinzugefügt, obwohl mir versichert wurde, dass ich selbst alle Bereiche abdecken soll.
Also waren meine Schüler gezwungen, in einer Stunde (denn die Höraufgabe nahm 30 Minuten in Anspruch...man muss wirklich seehr langsam und deutlich lesen) 5 Seiten mit Aufgaben durchzuackern und ich war überrascht, dass einige das sogar schafften.
Ich habe dann im Nachhinein meinen Bewertungsmaßstab angepasst, da ich es unfair fand, wenn die Schüler darunter leiden, dass ich falsch informiert werde.
Denn diese Prüfung bestimmte zu einem Großteil die Note, die auf einem Zertifikat steht, mit dem sie sich dann irgendwo bewerben.

Nachdem also im November das neue 'Schuljahr' (welches meiner Kenntnis nach aus 3 Montaten besteht) begonnen hat, habe ich eine neue Abendklasse bekommen. Diese ist auf einem ähnlichen Stand wie die zweite beschriebene und benutzt auch das gleiche Buch. Hier unterrichte ich sehr gern, da ich die Klasse von Anfang an hatte und so langsam auch einen persönlicheren Bezug zu den Schülern aufbauen kann.
In der ersten Stunde waren wir 15 Schüler, in der zweiten 32 und inzwischen sind 43 Schüler für den Unterricht eingetragen.. Zu meinem Glück kommen meistens nur 25-30, zu meinem Pech holen die anscheinend nichts nach, wenn sie mal gefehlt haben.
Nun mal zur Bewertung der Schüler: man soll für jeden Monat eine Note ermitteln. Eigentlich geschieht das durch einen Test, meine Vorgänger haben aber anscheinend bewirkt, dass man auch mündliche Leistungen etc. bewerten kann. Und nach 3 Monaten gibt es dann einen größeren Test.
Und mit dieser Klasse habe ich dann auch Ende November zum ersten Mal alleine diesen Test geschrieben. Denn bei der Abschlussprüfung der anderen Klasse saß noch ein laotischer Lehrer, der sie ab und zu ermahnt hat.
Erstmal zum Test an sich: Meine Schüler wussten vorher relativ gut, was drankommt (Introducing yourself, possessive pronouns, contractions with to be) und jaaaa, bei der zweiten Aufgabe hab ich mich verschrieben, ist aber keinem aufgefallen.
Ich habe vor dem Test folgendes groß an die Tafel geschrieben und es den Schülern nochmal erklärt:
'Test rules:
-no phone
-no talking
-no copying
else: I take your paper early'
Die Nachricht scheint allerdings nicht so gut angekommen zu sein, da es laotische Schüler nicht gewöhnt sind, alleine Aufgaben zu lösen. Ich habe sie also nach dem folgenden System ermahnt: Bei den ersten beiden Malen böse anschauen. Beim dritten Mal bin ich zu ihrem Platz gegangen und wenn sie bis ich dort war nicht aufgehört haben mit reden/abschreiben, dann hab ich ihnen gesagt, dass sie das lassen sollen. Beim vierten Mal wollte ich ihnen dann das Blatt wegnehmen.
Ich weiß, einige sagen, dass das viel zu nett ist. Aber wenn ich beim dritten oder zweiten Mal eingesammelt hätte, dann hätte ich nach 10 Minuten alle Arbeiten in der Hand gehabt.
Andere werden sagen, dass ich nicht versuchen sollte, ihnen dieses 'deutsche' Verständnis von Leistungserhebung aufzudrängen, aber es ist schwer, herauszufinden, wie man den Unterricht anpassen muss, wenn alle Schüler das gleiche antworten. Und die laotischen Lehrer wollen selbst nicht, dass die Schüler abschreiben, aber aus irgendeinem Grund tun sie nichts dagegen.
Das Resultat war, dass ich von einer Schülerin nach etwa 30 Minuten leider das Blatt nehmen musste. Sie schien zwar schockiert, aber ich hab ihr das dann nochmal erklärt und sie scheint es verstanden zu haben. Danach war es auf jeden Fall wirklich leise.
Ich musste dann kurz vor Schluss noch den Test einer Schülerin einsammeln, die mit beiden Händen auf ihrem Smarphone getippt hat. Sie war sehr empört und hat mir gezeigt, dass sie nur auf Facebook mit einer Freundin geschrieben hat. Als ich sie aber darauf hingewiesen habe, dass an der Tafel eindeutig 'no phone' steht, hat sie mir zugestimmt. Und ich glaube, ihr hat schließlich nur ein Satz gefehlt.
Ich durfte mich übrigens während des gesamten Tests nicht hinsetzen, da die Laoten aus irgendeinem Grund zwar oft nicht zum Unterricht, aber fast alle zu den Tests kommen. Da in dem Raum nur 38 Stühle sind, musste sich der neununddreißigste Schüler an den Lehrertisch setzen. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich gemacht hätte, wenn Nummer 40 bis 43 auch noch aufgetaucht wären.

Diese Klasse ist sehr interessiert an meinem Zuhause und meinem Leben dort. Ich freue mich auch immer, wenn sie von selbst Fragen stellen und nehme mir deshalb die Zeit, diese zu beantworten. Grade jetzt in der Weihnachtszeit sind sie fasziniert von verschiedenen westlichen/deutschen Bräuchen. So habe ich ihnen zum Beispiel in Diktatform erklärt, was deutsche Kinder am Nikolaus so machen.
Apropos Diktat: Obwohl es bestimmt viele gibt, die sich jetzt über veraltete Unterrichtsformen aufregen würden, muss ich sagen, dass das inzwischen eine meiner Lieblingsmethoden ist. Denn die Aussprache der Schüler und auch der anderen Lehrer ist oft undeutlich oder einfach falsch. Und bei einem Diktat lernen die Schüler nicht nur, wie man alle Wörter ausspricht (die schwierigen wiederholen wir sehr oft), sondern sie merken von selbst, wenn sie verschiedene Wörter nicht unterscheiden können, weil sie die Aussprache nicht genau kennen. Und so stellt man sich dann vornehin und übt mit der Klasse die Unterschiede zwischen 'this' und 'with', 'thirty' und 'fourty' oder 'there' und 'where'. Beim letzten habe ich auch gemerkt, dass mein eigenes TH zu wünschen übrig lässt und so übe ich das jetzt immer gemeinsam mit meinen Schülern.